Auftakt der Fußball-EMDie Nati überzeugt – und verliert

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Wie hab ich das gemacht? Norwegens Kapitänin Ada Hegerberg (Mitte) erzielte das 1:1 und lässt sich von Teamkollegin Caroline Graham Hansen (li.) feiern. Die Schweizerin Julia Stierli (re.) findet das zum Davonkrabbeln.
Wie hab ich das gemacht? Norwegens Kapitänin Ada Hegerberg (Mitte) erzielte das 1:1 und lässt sich von Teamkollegin Caroline Graham Hansen (li.) feiern. Die Schweizerin Julia Stierli (re.) findet das zum Davonkrabbeln. (Foto: Bernadett Szabo/Reuters)

Die EM in der Schweiz wird von den Gastgeberinnen euphorisch eröffnet, gegen Favorit Norwegen verlieren sie trotzdem unglücklich 1:2. Was bleibt, ist die Hoffnung auf mehr.

Von Anna Dreher, Basel

Die Nervosität der Gastgeberinnen im ersten Spiel? Davon ließen sich die Schweizer Fußballerinnen nichts anmerken, so mutig, so druckvoll starteten sie gegen Norwegen. Nicht einmal fünf Minuten waren vorbei, da hatten sie schon zwei gefährliche Hereingaben in den Strafraum geschickt. Später kamen noch ein Lattenschuss von Géraldine Reuteler aus 20 Metern hinzu – und eine Parade von Torhüterin Livia Peng. Laut wurde es jedes Mal, aber in der 28. Minute stieg der Lärmpegel dann deutlich über die Marke von 100 Dezibel: Nadine Riesen hatte den Ball erst quergelegt, nach dem Klärungsversuch der Norwegerinnen landete er wieder vor ihren Füßen und über den linken Innenpfosten im Tor. Zur Pause war die Begeisterung entsprechend groß, letztlich verlor der Gastgeber trotz eines starken Auftritts mit 1:2 gegen den Favoriten.

Noch nie haben die Schweizer Frauen bei einer Europameisterschaft die K.-o.-Runde erreicht, 2017 und 2022 waren sie in der Gruppenphase ausgeschieden. Und nun gleich in diesen ersten Minuten das Versprechen auf mehr, das löste Euphorie aus. Die erste Partie der 14. EM seit 1984 war da schon vorbei, Finnland hatte Island in Thun mit 1:0 besiegt. Eröffnet aber wurde das Turnier mit der Feier am Mittwochabend im St. Jakob-Park in Basel.

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Und die war im besten Sinne so kompakt wie das Format. 16 Teams verteilt auf vier Gruppen und acht Spielorte – ja, so übersichtlich kann ein großes Turnier im Fußball noch sein – nehmen an der EM teil, die Zeremonie dauerte etwa zehn Minuten. „Gemeinsam neue Höhen erreichen“ lautete das Motto. So richtig zu erkennen war die Idee dahinter nicht bei der Choreografie mit aufblasbaren, silbernen Elementen. Es sollte sowohl eine Referenz an die Berglandschaft des Gastgeberlandes sein, als auch an das, was sich die Schweiz von diesem Turnier erhofft: einen Aufstieg des Frauenfußballs. Konkret soll beispielsweise die Zahl lizenzierter Spielerinnen auf 80 000 verdoppelt werden.

Mit den aktuellen Zahlen war die Uefa schon zufrieden, bevor die EM überhaupt gestartet war. Von 673 000 Tickets waren fünf Tage vor dem Auftakt mehr als 600 000 verkauft, das übertrifft die insgesamt 575 000 Tickets bei der EM 2022 in England. „Eines unserer Hauptziele war es, ein ausverkauftes Turnier zu haben. Ich weiß noch, wie uns die Leute deswegen ausgelacht haben, aber jetzt wird es Realität“, sagte Nadine Keßler, Uefa-Direktorin für Frauenfußball und frühere Weltfußballerin. Laut der ehemaligen deutschen Nationalspielerin sind bereits 22 der 31 Partien ausverkauft „und das ohne ein Auftaktspiel im Old Trafford oder ein Finale im Wembley-Stadion.“

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Wie das so bei Turnieren ist, hängt der Erfolg der Veranstaltung aber auch mit dem Erfolg der Gastgeberinnen zusammen. Und da wirkten die Vorzeichen nicht ganz so gut. Der Schweizer Verband hatte sich vor der EM für die erfahrene Pia Sundhage als Trainerin entschieden. Die 65 Jahre alte Schwedin holte unter anderem bei Olympia mit den USA 2008 und 2012 Gold sowie mit ihrem Heimatland 2016 Silber. Mit den Schweizerinnen jedoch lief es holprig. Im November musste eine 0:6-Klatsche gegen Deutschland verdaut werden, nach acht Länderspielen ohne Sieg gab ein 4:1 gegen Tschechien Ende Juni etwas Zuversicht. In der Öffentlichkeit überwog aber der Eindruck der 1:7-Klatsche in einem Test gegen die U15-Junioren des FC Luzern. Das Boulevardblatt Blick berichtete, es rumore „im ganzen Nati-Team“. Sundhage soll eine konditionell zu harte Vorbereitung durchgezogen haben – ohne Rücksicht auf Verletzungen. Die Kritisierte tat das als Gerücht ab.

Am Abend der Eröffnung spielte all das dann erst mal keine große Rolle, auch wenn die Euphorie zur Pause noch Ernüchterung wich. In der 54. Minute verschätzte sich Torhüterin Peng nach einer Ecke, den Ball schickte Ada Hegerberg mit einem wuchtigen Kopfball zum 1:1-Ausgleich ins Netz. Nur vier Minuten später folgte der nächste Rückschlag. Norwegens Caroline Graham Hansen brachte den Ball gefährlich nah ans Tor – die Schweizerin Julia Stierli grätschte ihn schließlich hinein beim Versuch, ihn vor Hegerberg zu erwischen. Den nächsten Abschluss Hegerbergs konnte Peng abwehren, dann vergab die sechsmalige Champions-League-Spielerin ihre beste Chance: In der 70. Minute verschoss sie einen Handelfmeter.

Vielleicht patzte Hegerberg auch deshalb, weil die vielen Nati-Fans unter den 34 063 Zuschauern in diesen Momenten mit ihren Pfiffen noch lauter als beim Führungstreffer waren. Als fast direkt im Anschluss in turbulenten Minuten zunächst ein Strafstoß für die Schweiz angezeigt, dann durch den Videoassistenten aber wieder annulliert wurde, war erst die Verwirrung groß und schließlich der Protest des Publikums. Zwei Großchancen hatten die Gastgeberinnen noch zum Ausgleich. Doch es blieb bei der Niederlage – und dem guten Eindruck, dass die Gastgeberinnen besser spielen können, als manch einer vermutet hatte.

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